…Willi Ruttensteiner (ÖFB Sportdirektor)

Posted On 19 Mai 2011
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In der Kleinen Zeitung-Ausgabe am 12.5.2011 empfehlen Sie einem unserer Spieler eine höherwertige Ausbildung und nicht bloß zweimal Training. Wie kommen Sie auf den Gedanken, im JAZ würde nur zweimal wöchentlich trainiert werden, bei welchem Verein ist Ihrer Meinung nach die Ausbildung der Spieler bis 14 Jahre höherwertiger als im JAZ und verstehen Sie unsere Entrüstung, dass Sie damit unser JugendAusbildungsZentrum in der Öffentlichkeit herabsetzen?
Ich würde nie einem Spieler etwas empfehlen, den ich nicht kenne bzw. über einen Trainingsumfang von einem Ausbildungszentrum urteilen, das steht mir nicht zu. Was ich mit dem Journalisten diskutiert habe, ist die Wichtigkeit der Ausbildung und die oft viel zu hoch eingeschätzte Bedeutung des Wettspiels. Dies belegt eindrucksvoll der französische Weg mit seinen Zentren der Preformation (Training im Zentrum, Spiel beim Verein!). Wenn in Ihrem Ausbildungszentrum qualitativ hochstehend gearbeitet wird, dann freut mich das sehr und Sie unterstützen damit unseren österreichischen Weg. Ich versichere Ihnen, nie über Ihr Ausbildungszentrum gesprochen zu haben, ich habe mit dem Journalisten ganz allgemein Trainingsqualität, Umfang und diverse Rahmenbedingungen diskutiert. Offensichtlich hat er mich nicht verstanden!

Wie lebt ein ehemaliger Sportler mit der faktischen Ungerechtigkeit, dass in einigen Bundesländern etwas verboten, in anderen aber erlaubt ist, wie es konkret aktuell in puncto Spielberechtigungen in den diversen Nachwuchsligen der Fall ist?
In Österreich gelten die Vorschriften für den Nachwuchsspielbetrieb, welche im ÖFB-Präsidium beschlossen wurden. Es sind Vorschriften und keine Empfehlungen und sollen daher in allen Landesverbänden umgesetzt werden.

Was sagen Sie zur von vielen Trainern vertretenen Ansicht, dass in Österreich im Gegensatz zu anderen Ländern es nie wirklich junge Nationalspieler geben wird, da der Weg über Akademien bis in die Kampfmannschaften nicht zuletzt aufgrund der kaum aufbrechenbaren Strukturen viel zu umständlich und schwierig ist?
Die Erfolge unseres österreichischen Weges können sich sehen lassen, ich darf sie Ihnen kurz skizzieren:
• Qualifikation zur U20 Weltmeisterschaft in Kolumbien
• U21 Erreichen der Play off Runde 2008
• U20 Weltmeisterschaft 2007 – 4. Platz
• U19-Europameisterschaft 2010 – 6. Platz
• U19-Europameisterschaft 2006 – 3. Platz
• U19-Europameisterschaft 2003 – 3. Platz
• U17 Europameisterschaft 2004 – 5. Platz
• U17 Europameisterschaft 2003 – 3. Platz
• Erreichen sämtliche Eliterunden 2003 – 2011
Viele junge Spieler haben den Sprung ins Ausland geschafft und sich in der Nationalmannschaft etabliert (Baumgartlinger, Alaba, Prödl, Fuchs, Dragovic, Schiemer, Harnik,…). Wir müssen noch etwas Geduld haben, dann wird auch unser Team besser da stehen, ich bin davon überzeugt. Diese Spieler haben viel Potenzial.

Macht es Sie nicht nachdenklich, dass zahlreiche Fußballfans Talenten sofort empfehlen, ihren Weg doch im Ausland (Niederlande usw.) zu machen, denn dies spricht doch dafür, dass die Bevölkerung in Österreich wenig Vertrauen in unsere Nachwuchsarbeit setzt, oder?
Das macht mich sehr nachdenklich, in vielen Gremien diskutieren wir diese Probleme immer wieder. Meiner Meinung nach sollten die Spieler länger in Österreich bleiben und erst dann ins Ausland wechseln, wenn sie für die Profimannschaft verpflichtet werden. Generalisieren darf man dies allerdings nicht, denn Beispiele der Vergangenheit zeigen mehrere Möglichkeiten erfolgreich auf. Dennoch glaube ich, dass man sich erst einmal in der österreichischen Bundesliga durchsetzen sollte bevor man in eine stärkere Liga wechselt.

Glauben Sie, dass dann solche Weisungen wie jene des ÖFB an den steirischen Fußballverband das Ansehen des ÖFB noch fördern?
Noch einmal, die Vorschriften für den Nachwuchsspielbetrieb gelten in ganz Österreich, ich habe keine Weisung erteilt, das steht mir nicht zu. Ich denke aber, dass wir auf unseren Kinder- und Jugendfußball stolz sein können, einheitliche Regelungen waren lange Zeit die Forderungen der Vereine und Verbände an den ÖFB. Gott sei Dank haben wir sie jetzt, schaffen wir doch gemeinsam für unsere Kinder einen beglückenden Fußball!