…Mag. Hans-Jörg Bacher
Herr Magister Bacher, als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Graz haben Sie derzeit wohl viel zu tun. Wie groß ist das Medieninteresse am Fall Hannes Kartnig aktuell im Vergleich zu sonstigen Prozessen mit Prominenten?
Das Medieninteresse an diesem Strafverfahren ist angesichts des Bekanntheitsgrades des betroffenen Fußballvereins sowie der involvierten Personen, allen voran des ehemaligen Präsidenten, natürlich enorm. Insbesondere in den Tagen nach Anklageerhebung sowie kurz vor Prozessbeginn geb es praktisch täglich mehrere Anfragen von Medienvertretern, wobei die Vertreter von Radio und Fernsehen naturgemäß meist nicht mit einer Auskunft am Telefon zufrieden waren, sondern regelmäßig um entsprechende Interviews ersuchten.
Die aktuelle Causa mit 8 Beschuldigten ist offiziell bereits bis Ende Mai anberaumt, ist das ein realistisches Prozessende bzw. wovon hängt das ab?
Das Ende eines Prozesses vorherzusehen ist äußerst schwierig und hängt von vielen Faktoren ab. Einerseits, ob der vorsitzende Richter seinen Zeitplan, was Angeklagten- und Zeugeneinvernahmen sowie Gutachtenserstattung anlangt, einhalten kann, andererseits aber auch, ob die Parteien weitere Beweisanträge stellen werden, denen das Gericht nachkommen muss.
Wenn alles laut Anklage verurteilt würde, was wäre dann ein realistischer Prozessausgang?
Einen Prozessausgang vorherzusagen ist ebenso heikel. Eine anklagekonforme Verurteilung vorausgesetzt würde wohl beim Hauptangeklagten eine empfindliche Geldstrafe wegen der Steuerhinterziehung (Strafdrohung bis maximal etwa 21 Millionen Euro!) sowie eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen der übrigen Verbrechen (Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren!) bedeuten.
Wie verlief der allererste Prozesstag?
Der erste Prozesstag verlief ohne Zwischenfälle. Nachdem die Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen (Schulbildung, Berufslaufbahn, Einkommens- und Vermögenssituation, etc.) befragt wurden, hat der Staatsanwalt die Anklage vorgetragen (Eröffnungsplädoyer). Darauf hatten sodann die Verteidiger die Gelegenheit auf Gegenäußerungen. In den nächsten Verhandlungstagen werden die Angeklagten umfassend zu den Vorwürfen befragt werden. Danach werden Zeugen einvernommen und der Buch- Sachverständige sein Gutachten erstatten.
Sie haben in der „Sportwoche“ prognostiziert, dass es sicher nicht amikal zugehen wird, ist diese Prognose auf Kartnigs Interviews vor dem Prozess zurückzuführen?
Eigentlich bin ich der Meinung, dass für eine „amikale“ Atmosphäre in gar keinem Strafprozess Platz ist, weil es meist für alle Beteiligten (Angeklagte, Opfer) um sehr viel geht. Im konkreten Fall stützt sich meine Prognose darüber hinaus auf den Umstand, dass Hannes Kartnig – wie sein Verteidiger im Eröffnungsplädoyer gesagt hat – ein sehr emotionaler Mensch ist und deshalb aufgrund der in weiten Bereichen großen Auffassungsunterschiede zwischen Ankläger und Angeklagten/Verteidigung verbale „Scharmützel“ nicht auszuschließen sind. Diese in Grenzen zu halten wird jedoch Aufgabe des vorsitzenden Richters sein.