…den FC Liefering Trainer Thomas Letsch
1.) Thomas Letsch ist Trainer der mit Abstand jüngsten Profi-Fußballmannschaft in Österreich – Woche für Woche machen 17 bis 20-jährige in Österreichs zweithöchster Liga einen guten Job – und doch nimmt kaum wer vom FC Liefering Notiz – wie verwunderlich oder gar demotivierend ist das und woran liegt es ?
Wenn man wie ich aus Deutschland kommt, verwundert einen das geringe Zuschauerinteresse für den österreichischen Bundesligafußball generell. Es ist für mich schwer nachvollziehbar, dass sich so wenige Leute für ein attraktives Produkt interessieren. In Liefering ist diese Situation natürlich noch extremer. Wenn man allerdings sieht, dass selbst in CL-Qualifikationsspielen nur wenige Zuschauer den Weg ins Stadion finden kann man nicht erwarten, dass diese zum FC Liefering kommen. Für mich selbst ist das kein großes Problem, aber ich denke die Spieler hätten sich aufgrund ihrer Leistungen deutlich mehr Resonanz verdient.
2.) Sie waren auch schon Co-Trainer von Roger Schmidt und sind österreichischer Meister geworden, in der Interimszeit Ende der Herbstsaison wurde gegen Rapid mit der starken Heimvorstellung der Grundstein für den Meistertitel gelegt – ist es da schwierig, wieder vor 100 Leuten Heimspiele auszutragen und die absolute Ignoranz der Medien (auch der Salzburger) zu ertragen ?
Die Zeit als Co-Trainer mit den ausverkauften Spielen gegen Schalke, Bayern, Fenerbace oder Ajax waren natürlich von der Atmosphäre sensationell. Das wird immer in bester Erinnerung bleiben. Ebenso natürlich der 2:0 Erfolg gegen Rapid Wien in der kurzen Zeit, in der ich interimistisch für das Team verantwortlich war. Als Cheftrainer vor so einer Kulisse nach einer starken Leistung zu gewinnen und als Tabellenführer in die Pause zu gehen ist natürlich nicht vergleichbar mit einem Match vor ein paar wenigen Zuschauern. Allerdings gilt das nur für die Rahmenbedingungen. Ich bereite mich auf jedes Spiel gleich vor und bin immer voll auf dieses fokussiert. Da spielt es dann keine Rolle, ob 100 oder 20.000 Zuschauer da sind.
Die Ignoranz der Medien ist ein anderes Thema. Leider findet der FC Liefering nur wenig Beachtung. Unsere einzige Chance ist es durch gute Leistungen auf uns aufmerksam zu machen. Sind wir erfolgreich ist es schwer uns zu ignorieren.
3.) Ernst Tanner hat uns einmal anschaulich definiert, dass der FCL sich nicht bloß als Fortsetzung der erfolgreichen RBS-Akademie sieht, sondern die größten Talente aus aller Welt auszubilden versucht – wie schwierig ist es mit so vielen jungen Menschen aus verschiedensten Kulturen mit unterschiedlichsten Sprachen zu arbeiten, eine Einheit zu formen und neben der Ausbildung auch Ergebnisse erzielen zu müssen?
Unser Anspruch beim FC Liefering ist es, die besten und interessantesten Spieler aus der ganzen Welt bei uns zu entwickeln, wobei die Spieler aus unserer Nachwuchsakademie natürlich das Gerüst bilden sollen. Gerade diese Mischung mach dieses Team – vielleicht sogar weltweit – einzigartig. Trotz der unterschiedlichen Sprachen und Kulturen ist es uns heuer wieder schnell gelungen eine Einheit zu formen. Das wichtigste hierbei ist aus meiner Sicht der gegenseitige Respekt aller handelnden Personen.
4.) Ein nicht gerade leichtes weiteres Fakt ist, dass auch Ihnen – wie jeder zweiten Mannschaft hin und wieder Spieler aus der „Ersten“ vorgesetzt werden, die dann so und so viel Spielzeit bekommen müssen. Tut man sich da als trotzdem ehrgeiziger Trainer mit einem Plan hin und wieder schwer bzw was können Sie anderen, echten „Zweiermannschaft-Trainern“ diesbezüglich an Ratschlägen mitgeben?
Ich war bereits auf einer früheren Station in der Situation als Trainer einer zweiten Mannschaft und es ist für mich völlig klar, dass die erste Mannschaft eines Vereins immer oberste Priorität genießt. In unserem Fall ist es ja eine etwas andere Situation. Wir haben Spieler des FC Liefering, die nur für diesen spielberechtigt sind und junge Kooperationsspieler des FC Red Bull Salzburg, welche zusätzlich auch in Liefering spielen dürfen. Sollten diese beim FC Red Bull Salzburg nicht zum Einsatz kommen, haben sie die Möglichkeit bei uns Spielpraxis zu erhalten. Das halte ich für eine perfekte Situation für die Entwicklung dieser jungen Spieler. In aller Regel sind diese Spieler auch Verstärkungen für unser Team. Dass diese zum großen Teil nicht bei uns trainieren ist der einzige Nachteil in der konkreten Spielvorbereitung. Darüber hinaus halte ich die Mischung aus Kaderspielern des FC Liefering und Kooperationsspielern in dieser Saison für sehr gut durchdacht.
5.) Die Frage muss natürlich auch noch kommen – unser JAZ GU-Süd Export Hannes Wolf gehört seit Jahresbeginn zu Ihrem Team – wie hat er sich seither aus Ihrer Sicht entwickelt und was trauen Sie ihm kurz, mittel- und langfristig zu?
Hannes hat sich seit er zu uns in die Akademie kam super weiterentwickelt. Durch seine Voraussetzungen und die gute Ausbildung im JAZ GU-Süd war er sehr gut vorbereitet und ist diesen Weg weitergegangen. Neben seinen fußballerischen Fähigkeiten imponiert mir bei Hannes seine vorbildliche Einstellung auf dem Platz sowohl im Training als auch im Spiel. Dies ist absolute Voraussetzung um sich ständig weiterzuentwickeln und die nächsten Schritte zu gehen. Auch von der Persönlichkeit ist Hannes auf einem guten Weg. Wohin dieser allerdings geht, mag ich derzeit nicht beurteilen. Es ist wichtig für ihn – wie auch alle anderen Talente in diesem jungen Alter – geduldig zu sein und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen zu wollen.
6.) Ihr seid nach zwei Runden Tabellenführer und nun kommt der Meisterfavorit LASK. Was für ein Spiel erwartest Du Dir?
Die Tabellenführung nach 2 Spieltagen ist „nett“ aber leider noch nicht sehr aussagekräftig. Es ist lediglich eine Bestätigung, dass wir auf einem guten Weg sind. Der LASK ist aufgrund der Kaderstruktur der absolute Topfavorit der Liga und es wird mit Sicherheit eine fantastische Herausforderung für alle Beteiligten. Es ist wichtig, dass wir dem LASK durch unser aggressives Spiel gegen den Ball ihre Stärken nehmen und wir umgekehrt unsere Geschwindigkeit und unseren Spielwitz auf den Platz bringen. Sollte dies gelingen können wir den LASAK wie auch alle anderen Teams der Liga schlagen.
Dass ein junges Team natürlich auch Schwankungen unterliegt ist klar, aber wir haben den Anspruch in der Liga eine entscheidende Rolle zu spielen und dementsprechend werden wir auch in dieses Spiel gehen.k